Zeiss Ikon Contessa 35

 2021: Digitale Studioaufnahme von meiner Contessa 35

Meine ersten Erfahrungen mit der Zeiss Ikon Contessa 35, einer kleinen aber feinen Messucher-Klappkamera für Kleinbildfilm, gebaut in den 1950ger Jahren.

Steampunk

Ein hübsches Geschenk

Sie kam von der besten Freundin meiner Frau als nette Aufmerksamkeit an mich, unverhofft und überraschend. Vielleicht, weil sie ahnte  – die Kamera meine ich, – dass meine analogen Sammlerstücke in unregelmäßigen Abständen aus der Vitrine genommen werden, um sich draußen in der modernen Welt bewähren zu dürfen.

Messsucherkamera

Da ich noch nie zuvor von dieser Messsucherkamera gehört hatte, musste ich mich erst mal mit ihren Funktionen befassen. Youtube ist dafür eine gute Adresse. Dass manche Fotoapparate aus dieser Zeit ohne eingelegten Film streiken, wusste ich von meiner Voigtländer Vitomatik IIa. Von der Leistung her sind die beiden vergleichbar. Also legte ich einen Musterfilm ein, einen vielfach belichteten, den ich für solche Zwecke aufbewahre. Zu meiner großen Freude konnte ich feststellen, dass sie im Trockenversuch tadellos funktioniert.

Das Okular des Suchers ist ähnlich winzig, wie das der Leica III f, und war zunächst noch dunkel und trübe. Das besserte sich etwas, als ich die zuständigen Fenster und Linsen mit einem mit Alkohol benetzten Wattestäbchen gereinigt hatte. Das überlappende Messfeld im Sucher ist klar erkennbar und erlaubt präzises Fokussieren.

Dennoch frage ich mich immer wieder, warum man damals, als man solche Kameras gebaut hat, nicht an Brillenträger gedacht hat. Aus heutiger Sicht sind das eigentlich keine vollwertigen Sucher, sondern Vorrichtungen, die helfen, das Objektiv in die richtige Richtung zu halten. Zudem verkratzen die harten Okulare moderne Kunststoffgläser, weshalb ich sie inzwischen mit Filzaufklebern entschärfe.

Belichtungsmesser

Der eingebaute Belichtungsmesser mag damals, als die Kamera gebaut worden ist, ein willkommenes Utensil gewesen sein. Inzwischen ist die einst lichtempfindliche Selen-Zelle darin längst müde geworden. Ich benutze stattdessen einen Lunasix F Handbelichtungsmesser, der zum Besten gehört, was es gibt. Für die Straßenfotografie ist ein Handy-App allerdings praxistauglicher. Ich benutze myLightmeter Pro.

Steampunk

Auf die Assoziation zu Steampunk kam ich vor allem wegen des verspielten, filigran-eigenwilligen Designs. Denn genau so edel aber ulkig wie die Klapp-Kamera aussieht, will sie auch bedient werden. Vor jeder Aufnahme muss der Compur-Zentralverschluss über ein Hebelchen gespannt werden. Nach der Aufnahme kann der Film am Kameraboden über ein Rad bis zum Anschlag um ein Bild weitertransportiert werden. Es dauert, bis man sich daran gewöhnt hat, ergänzend auch noch den Verschlusshahn neu zu spannen. Um das ganze noch spannender zu gestalten, lässt sich die schnellste Verschlusszeit 1/500 s nur einstellen, bevor man den Spannhebel betätigt hat.

Die Markierung für die Verschlusszeiten auf dem entsprechenden Ring ist so winzig, dass sie nur bei guten Lichtverhältnissen sicher justiert werden kann. Da kann man, für eine Kleinbildkamera,  von einem äußerst eigenwilligen Bedienkonzept sprechen. Der Name Contessa passt also ganz gut. Wer mit der alten Dame harmonieren möchte, muss sich auf das gute Stück einlassen und seinen Charakter verinnerlichen. Beispielsweise vollzieht der Auslösehebel eine Drehbewegung. Es erfordert Übung, deshalb nicht zu verwackeln.

Da der Auslösemechanismus nach der Belichtung recht lustlos zurückklappt, wollte ich in der Praxis herausfinden, inwieweit sich das auf die Funktionsfähigkeit der Kamera auswirkt. Der erste echte Film, den ich einlegte, war ein Farbfilm, ein Kodak Pro Image 100. Wie die Ergebnisse zeigen, gibt es keine Probleme. Mit der Contessa lassen sich respektable Ergebnisse erzielen.

Schwarzweiß?

Mein Eindruck ist, dass die Contessa mehr Spaß an Schwarzweissfilmen hat. Der Fomapan 100, den ich anschließend für meine Streetfototour durch Schwabing einsetzte, brachte bei Blendenwerten zwischen 5.6 und 11 sehr überzeugende Ergebnisse.

Fotograf oder Kamera?

Die Frage, welchen Einfluss die Kamera auf die resultierenden Fotos hat, wird immer wieder diskutiert. Früher stellte sie sich für mich gar nicht. Ich benutzte die, die ich hatte, was dazu führte, dass ich sie gut beherrschte und wusste, was ich von ihr erwarten kann.

Erst seit ich analoge Kameras sammle, und mir aussuchen kann, welche ich zu welcher Gelegenheit einsetze, sehe ich das klarer: Der Fotograf macht das Bild! Das stimmt! Aber: Mit der Wahl des Films und der Kamera legt man die technischen Limits fest. Und die bestimmen, für welchen Zeck sich welche Kombination besser eignet, als eine andere.

Wenn ich irgendwo als Fotograf gebucht bin, arbeite ich digital, es sei denn, der Kunde hat es sich explizit anders gewünscht. Wenn ich analog arbeite, mich aber auf keinen Fall blamieren darf, bei Porträts beispielsweise, benutze ich mein Canon EOS Equipment. Meine EOS 3 belichtet analog, steht aber der digitalen EOS 5D funktionell in nichts nach. Im Gegenteil. Auf die Objektive, den Autofokus und die Belichtungsgenauigkeit ist absolut Verlass. Deshalb ist die Herausforderung, was die Gerätschaft selbst anbelangt, nicht sehr groß.

Mit alten Minolta AF-Kameras loszuziehen, ist da schon sehr viel sportlicher. Echte Herausforderungen bieten aber vor allem manuell zu fokussierende Kameras, wie meine Exemplare von Contax, Pentax und Olympus beispielsweise, aber auch alte Messsucher-, Mittelformat- und Plattenkameras.

Wofür eignet sich die Contessa 35 besonders gut?

Mit einer Kamera wie der Contessa 35 zu arbeiten, gehört zu den fotografischen Herausforderungen; die Art Herausforderung, die ich liebe. 

Messsucherkameras eignen sich besonders gut dafür, Aufnahmen von sich bewegenden Objekten zu machen. Das Mitziehen bei einer Belichtungszeit von 1/100 s, 1/50 s oder langsamer gelingt damit besser als mit Spiegelreflexkameras, deren Spiegel während der Belichtung den Blick durch den Sucher verhindern. Für meine Digitalkameras hatte ich mir extra dafür einen antiquarischen Revolversucher zugelegt. Ich bin erstaunt und begeistert, wie souverän sich solche Momente mit der Contessa einfangen lassen.

Auch, wenn sie zum Fotografieren eigentlich fast zu schade sind: Ich bin davon überzeugt, dass es Kameras wie der Contessa technisch guttut, wenn sie hin und wieder benutzt werden.

Kunst hofft auf Toleranz

Straßenfotografie ist eine künstlerische Ausdrucksform. Unter Anderem versucht sie das Leben in den Straßen einer Epoche widerzuspiegeln. Dass dabei hin und wieder Personen auch erkennbar abgebildet werden, lässt sich nicht immer vermeiden. Sollte sich jemand auf meinen Aufnahmen wiedererkennen, und mit der Präsentation nicht einverstanden sein, bitte ich sie oder ihn darum, Kontakt mit mir aufzunehmen. Selbstverständlich werde ich das entsprechende Abbild dann umgehend sowohl von meiner Website als auch aus meinem Archiv entfernen.

Aber vielleicht gefällt dieser Person ja auch, was sie sieht. Was mich ausgesprochen freuen würde. Dann bekommt sie vom entsprechenden Sujet einen Abzug in A4 von mir. Gratis versteht sich.

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